zu Teil 1

Mit freundlicher Genehmigung von MicroBahner. Originalquelle

Hallo,
es hat ein bisschen gedauert, aber hier nun der ( von agmue gewünschte ;) ) 2. Teil zu den Stepperbetrachtungen. Ich habe mir inzwischen eine Testschaltung aufgebaut, um etwas detaillierte Messungen machen zu können und mit einem akkubetriebenen TaschenOszi sind nun auch Bilder direkt vom Spulenstrom möglich.

Quote from: agmue on Mar 12, 2020, 07:58 am
Paradox ist ja der Umstand, daß ein Schrittmotor im Stillstand den meisten Strom zieht, während ein drehender wegen der Induktivität mehr als die Nennspannung des Motors benötigt, um auf den Nennstrom zu kommen, was ja dazu führt, daß der Treiber mit einem Mehrfachen der Nennspannung des Motors betrieben werden soll.
Das ist ein scheinbar nur schwer auszurottender Mythos ;) . Aber auch ein Stepper hält sich an die Physik, und braucht im Stillstand die geringste Leistung. Im Stillstand wird die aufgenommene Leistung allein von den ohmschen Verlusten in den Spulen bestimmt. Dreht er sich, kommt die mechanische Leistung dazu, die er ja auch aufbringen muss. Ausserdem entstehen dann auch magnetische Verluste im Eisen durch das Umpolen.

Den Strom durch die Spule versucht der Stromtreiber konstant zu halten - das ist ja seine Aufgabe. Und mit höherer Stepfrequenz wird ihm das auch zunehmend schwer fallen, das stimmt auch. Das hat aber nur sehr indirekt mit dem Strom zu tun, der aus dem Netzteil gezogen wird. Der ist - wie bei jedem Motor - im Stillstand am kleinsten. Nur eben nicht 0, wie bei einem DC-Motor. Dafür hat unser Stepper - im Gegensatz zu einem DC-Motor - ja auch ein Haltemoment. Der Versorgungstrom schwankt deshalb bei einem Stepper zwischen Stillstand und Vollast wesentlich geringer als bei einem DC-Motor. Vor allem bei den kleinen Steppern, bei denen die Verluste im Vergleich zur Leistung relativ hoch sind. Aber die 'Richtung' ist die gleiche: je mehr Belastung, desto mehr Strom.

Den Strom durch die Spule kann man sich ein bisschen so wie ein Schwungrad vorstellen. Wenn sich das einmal dreht, muss man es nur noch regelmäßig ein wenig 'anschubsen', damit es seine Drehzahl behält. Je besser das Lager, desto weniger muss ich anschubsen. Wenn nun jemand anders bremst, muss ich mehr anschubsen. Dieses 'Bremsen' macht im Stepper der sich drehenden Rotor, der dem Magnetfeld der Spule Energie entzieht.

Dazu ein paar Messwerte. Der Spulenstrom am DRV8825 ist auf gut 1A eingestellt, Das Netzteil liefert 24V - ein üblicher Wert in den Datenblättern für stromgesteuerte Stepper. Der Motor wird im Fullstep betrieben. Der Pufferkondensator ist großzügig bemessen, so dass der Strom aus dem Netzteil recht konstant ist und keine Spitzen enthält.

Stillstand:


Der Strom druch die Spulen ( beide werden ja bestromt ) ist gut 2A! Trotzdem muss das Netzteil nur knapp 300mA aufbringen.

Jetzt lassen wir den Motor unbelastet laufen. Die Stepfrequenz ist 1250 Step/sec:


Und hier auch der Spulenstrom:

Der Strom steigt an, denn jetzt wird ja auch Bewegungsenergie gebraucht. Am Spulenstrom erkennt man auch, dass der nicht schön linear ansteigt, sondern etwas 'verbogen' ist. Das liegt an der Rückwürkung des drehenden Rotors, der dem Stromanstieg auch noch entgegenwirkt.  Bei 24V ist der Effekt aber nur recht klein. In einem späteren Post werde ich das auch noch für kleinere Spannungen zeigen. Da kann das sehr exterm werden

jetzt Belastung an der Drehmomentgrenze:



die Nichtlinearität beim Stromanstieg in den Spulen ist nun deutlicher sichtbar. Das Ausschalten des Strom geht schneller, das Einschalten in der anderen Flußrichtung dauert dann länger.

Nun noch ein Bildchen vom Spulenstrom, wenn die Belastung so hoch wird, dass der Motor das Drehmoment nicht mehr schafft und blockiert:

Der Stromanstieg wird jetzt nur durch die Induktivität bestimmt ( keine Rückwirkung durch den drehenden Rotor). Und der Strom steigt jetzt schön linear an. Auch der Strom aus dem Netzteil sinkt da wieder ab.

Ich denke, an den Bildern ist gut zu erkennen, dass sich auch ein Schrittmotor an die Gesetze der Physik hält, und für seine Antriebsleistung Strom aus dem Netzteil benötigt.

Im nächsten Post werde ich noch ein paar Bildchen von den gleichen Betriebsbedingungen, aber mit niedrigerer Netzteilspannung zeigen. Da wird man dann sehr deutlich sehen, weshalb man die Stepper mit möglichst hoher Versorgungsspannung betreiben soll.

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